Was? Weihnachten kenn ich nicht…

Sonntag, der 12.12., ca. 14 Uhr.

Ich bin grade aus der Kirche gekommen und sitze auf meinem Bett. Der Laptop spielt obligatorisch „Driving home for Christmas”. Weihnachten steht schon quasi vor der Tür, aber irgendwie wollen mich die euphorischen Weihnachtslieder nicht in Stimmung bringen. Nein, ich bin absolut nicht in Weihnachtsstimmung. Zumindest nicht in der Art Weihnachtsstimmung, die ich aus Deutschland kenne. Vielleicht, weil es das erste Mal ist, dass ich ohne meine Familie feier und sich mir eine ganz neue Art der Zelebration zeigt.

Am dritten Dezember hat das Schuljahr offiziell geendet. An diesem Freitag haben alle Schüler ihre Ergebnisse der Abschlussprüfungen bekommen und somit auch erfahren ob sie versetzt werden. Außerdem haben wir noch Preise verliehen. Zum Beispiel für die besten Schüler, die besten Englischsprecher, die hübschesten Schüler oder die dreckigsten Schüler(die ein Stück Seife bekommen haben :-D). Eine ganz gute Idee, wie ich finde, um die Schüler zum Lernen, Englischsprechen oder auch zum Waschen zu motivieren.

An dem folgenden Sonntag bin ich den MTN-Kampala-Halbmarathon gelaufen, bei dem ich mich dezent überschätzt habe. 21 km mit vielen Bergen lassen sich nicht so einfach untrainiert laufen, wie ein Staffelstart über 10 km für die PKG-Schulmannschaft. Das fehlende Training war der Grund für mein Krepieren auf den letzten 3 km, die auch noch viele Steigungen hatten. Aber im Allgemeinen bin ich dann doch mit meiner Leistung zufrieden :-): Ich habe die zwei-Stunden-Marke knapp geknackt (1:57h) und den 340. Platz belegt. Es war auf jeden Fall eine Erfahrung für sich, morgens um 7 Uhr mit über 25.000 Mitläufern in den Sonnenaufgang in Kampala zu laufen. Und hat auch richtig Laune gemacht ;-).

Die folgenden drei Tage bin ich als verkrüppelter und mittleiderregender Mozungo durch Uganda geirrt. Meistens etwas hilflos, aber nie ohne Hoffnung!

Inzwischen habe ich aber wieder Fuß in meinem Leben gefasst – ihr braucht euch also keine Sorgen mehr zu machen. Trotzdem kommt es mir echt im Moment so vor, als ob ich ein wenig orientierungslos lebe. Ich stecke in dem halb verstopften Spülbecken der Zeit und drehe mich langsam im Kreis, ständig wartend auf den Abfluss. Das Wasser ist etwas verschmutzt, mit dem roten Staub, der hier überall ist, was mir meine Sicht ein wenig trübt.

Nicht selten schweifen meine Gedanken zu der Heimat und ich frage mich, ob es mir dort anders gehen würde. Sicherlich wäre es klasse euch alle wieder zu sehen, aber irgendwie wäre es auch falsch. Ich gehöre einfach im Moment nicht nach Deutschland.

Abgesehen davon geht’s mir, wie gewohnt, gut. Im Moment mache ich auch nicht so viel – es sind ja Ferien. So bin ich eigentlich recht faul und ihr merkt ja, dass es mir sogar schwer fällt, meinen Blog einigermaßen auf dem neusten Stand zu halten. Und in dieser Hinsicht bitte ich wirklich um eure Nachsicht. Es ist wirklich nicht immer einfach sich zu motivieren – selbst ich habe Probleme damit.

Nun, da ihr wahrscheinlich alle voll vom Weihnachts- und Glühwein(:-)) -Rausch gepackt seid, will ich euch aber auch sagen, was meine afrikanischen Pläne für das Fest der Liebe sind.

Den kleinen, und vor allem in großer Anzahl vorhandenen Kinder schenke ich einen Fußball und vielleicht eine Frissbee(…wie schreibt man das :-D). Sister Janette bekommt ein neues Küchenmesser mit einem Brett zum Gemüse schneiden. Für Moses will ich ein Sudoku-Buch suchen, sonst wird ein anderes Buch herhalten müssen. Und schließlich, mein wohl schönstes Geschenk: eine Henne für meine Gastmutter Molly. Das wird ein Spaß!

Ihr seht, ich werde das Fest mit der Familie verbringen. Wir werden auch hier nicht drei Tage am Stück schmausen sondern nur einen, den 25.12.! Es wird wohl richtig gut gekocht, mit Hühnchen, Matoke und Erdnusssauce. Somit bleibt die Gefahr, sich die Hüften rund zu fressen hier auch stets akut.

Was gibt’s sonst noch Neues?

Kommendes Wochenende fahre ich mit Anne aus Dänemark nach Jinja und wir gönnen uns das Rafting, was eines der spektakulärsten auf der Erde sein soll. Wenn ich das überlebe, werde ich Weihnachten im Frieden verleben und schließlich Silvester in Kampala feiern.

Ich wünsche euch an dieser Stelle schon mal ein tolles Weihnachtsfest, Geschenke und vor allem gutes Essen. Genießt die Feiertage in der Kälte und rutscht gut in 2011 :-)!!!

Ich habe euch noch einige Bilder der letzten Wochen hochgeladen. Viel Spaß damit :-)…

https://bastiuganda.wordpress.com/2010/12/14/was-weihnachten-kenn-ich-nicht/beim-grasshupfer-pulen-haha/

Luwero

Endlich möchte ich die Gelegenheit ergreifen und euch die Stadt Luwero, in der ich wohne, etwas zu beschreiben.

Im Vergleich zu anderen ugandischen Städten, ist Luwero recht unterentwickelt. Das liegt daran, dass der gleichnamige Luwero District sehr stark unter dem Bürgerkrieg in den 80igern gelitten hat. Die Infrastruktur ist sehr schlecht und die Armuts- und AIDS-Rate extrem hoch. Ca. 23 Prozent der Bevölkerung von Luwero ist mit dem HI-Virus infiziert. Luwero hält damit den zweiten Platz in Uganda.

Ich wohne an der Kiwoko-road, die eine Verbindungsstraße von Luwero ins 14km entfernte Kiwoko ist. Die Straße ist nicht geteert, wie die meisten Straßen hier. Der dadurch entstehende rote Staub, der von den Autos aufgewirbelt wird, ist Auslöser für einen akuten leichten Husten, den vor allem die Kinder haben, die in der Nähe der Straße leben.

Mein Zimmer ist ungefähr 400 m vom Ortzentrum entfernt. Wenn ich dorthin schlendere, passiere ich ein Sägewerk, in dem, wegen der lückenhaften Stromversorgung, hauptsächlich nachts gearbeitet wird, zwei Schulen und mehrere kleinere Shops. Das Straßenbild bestimmen die Kinder, die in großer Anzahl vorhanden sind. Unter ihnen sind auch viele Straßenkinder, welche ungewollt geboren und von ihrer Mutter dann einfach ausgesetzt worden sind. Weil aber alle Familien arm sind, sieht man den Kindern ihre Herkunft oft nicht an. Außerdem findet man zu allen Seiten der Straße Müll. Es gibt zwar öffentliche Müllplätze, die auch wohl wöchentlich geleert werden sollen, aber die meisten Menschen verbrennen einfach ihren Müll vor der Haustür. Besonders nachts ist es faszinierend, eine Straße mit mehreren Feuern rechts und links zu sehen.

Das Zentrum definiert sich aus einer Dreieckskreuzung und einen anliegenden Platz, an dem man fast rund um die Uhr etwas zu Essen kaufen kann. Dies ist auch der Ort, an dem jeden Montag der Markt stattfindet. Sonntags Abend beginnen die Vorbereitungen: kleine LKWs kommen nach Luwero mit  Salatköpfen, Tomaten, Obst und anderem Gemüse. Wahrscheinlich noch mehr Platz, als das Obst und Gemüse, nehmen diverse Textilprodukte auf dem Markt ein. T-Shirts, Hosen, Jacken, Schuhe…alles kann man dort für extrem wenig Geld kaufen

Wenn ich nun, zum Beispiel, durch das Zentrum weiter zum Postoffice gehe, was bis dato mein Internetcafe ist, nehme ich zwei Abkürzungen durch die Häuserreihen. Ich passiere dann den Marktplatz, wo jeden Tag Obst, Gemüse, Fleisch und auch Fisch verkauft wird. Kurz danach kratze ich noch den Taxi-Park an seiner äußersten Ecke. Von hier fahren die Taxis nach Kampala, Kiwoko oder Nakasongola, eine Stadt 60km im Norden Luweros, ab. Um diesen Platz haben sich auch viele kleinere Shops und Fressstände niedergelassen.

Schließlich biege ich nach der kleinen Moschee links ab und erreiche das Postoffice.

Das Postoffice liegt an der Gulu-Road, die Hauptstraße, die von Kampala bis nach Gulu, im äußersten Norden Ugandas, führt. Über diese Straße wird auch das Öl vom Lake Albert nach Kampala und schließlich Mombasa befördert. Ich vermute, dass das der Grund ist, warum sie seit zwei Jahren auch geteert ist.

Wenn ich vom Postoffice zurück trabe, gehe ich meistens noch in den Luwero-Supermarkt um einige Kleinigkeiten zu kaufen. Der Supermarkt wird von einem Inder betrieben. Wenn man ein bisschen in Luwero gewandert ist, wird einem deutlich, dass die Inder ein Business-Monopol hier haben. Die größeren Supermärkte und Elektronikläden werden ausschließlich von Indern betrieben. Von vielen Seiten habe ich schon gehört, dass sie einen besseren Sinn für das Geschäft haben, als die ugandische Bevölkerung. Anscheinend ist da etwas dran.

Nach dem ich mich im Supermarkt versorgt habe, laufe ich durch das Zentrum, über den Hauptplatz zurück in Richtung Kiwoko. In diesen (Abend-)Stunden erwacht die Stadt erst richtig zum Leben. Menschen kommen von überall her, sitzen bei den vielen Kochstellen, essen etwas oder unterhalten sich einfach. Am Wochenende sind es besonders viele, bestimmt einige hundert. So ungewohnt es für uns aus Europa erscheint, das ist einfach Teil der afrikanischen Kultur. Anders als bei uns, ist das eigene Haus nur zum Schlafen da. Den Tag verbringt man im Freien; auf der Straße oder dann abends auf dem Dorfplatz. Das hängt natürlich auch eng mit dem anderen Klima zusammen.

So ist abends im Dorf immer etwas los. Ich bin auch öfter zu Gange, vor allem, wenn interessante Fußballspiele sind. Zum Beispiel spielt heute Abend Manchester United gegen Arsenal London. Die Straßen werden vor und nach dem Spiel voll von Menschen sein. Wenn die Spiele erst gegen 11 anfangen (auf Grund der Zeitverschiebung) gehe ich meistens vor her noch eine Rolex essen. Das ist ein dünner Pfannenkuchen(Chapati) mit Rührei, Tomaten und Salat, was dann zusammen gerollt wird. Kurz : Rolledeggs = Rolex.

Das war ein kurzer Exkurs nach Luwero. Ich hoffe, ihr könnt euch nun das Stadtbild und meine Umgebung ein bisschen besser vorstellen ;-).

Dieser Beitrag wurde unter Uncategorized veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Eine Antwort zu Was? Weihnachten kenn ich nicht…

  1. Bogdan Krakowski schreibt:

    Hallo Basti,
    deine Berichte hier sind der Hammer. Die Bilder sowieso. Mach bloß so weiter, sonst fehlt mir etwas.
    Den Halbmarathon bist du doch sicher, wie alle anderen, barfuß gelaufen, oder ?.
    Das Foto von dem Salat muß ich mal dem Stefan zeigen, wäre vielleicht eine Alternative zum Salatteller mit Pute. Hat zumindest mehr Proteine.
    Den hättest du vor den Laufen essen sollen, oder wäre das schon Doping gewesen, mit den ganzen Hüpfern ?.
    Wir wünschen dir und allen die dich dort begleiten, ein frohes und friedvolles Weihnachten und einen guten Übergang ins neue Jahr.
    Bis zum nächsten Bericht,
    Boggi

Hinterlasse einen Kommentar